Wenige Städte können in ihrer Kultur trotz knapper Kassen und Kürzungsorgien Erinnerung und Zukunftsbezogenheit miteinander verbinden. Für Köln gilt das in besonderem Maße.
Der „Kölner Kulturpreis“ wird seit dem Jahr 2010 durch den Kölner Kulturrat vergeben, unterstützt durch Fördervereine und Institutionen. Neben kulturellen Schwergewichten wie dem Kölner Schauspiel oder dem NS-Dokumentationszentrum im ELDE-Haus gibt es immer wieder zahlreiche interessante Einreichungen. Manche, wie der Regisseur Stefan Bachmann, erhielten die Preise wiederholt. Nun hat er sich verabschiedet von der ewigen Baustelle Kölner Schauspielhaus und seiner erfolgreichen Fortführung in der Ersatzadresse Köln Mühlheim und wechselt zum Burgtheater Wien. Jedenfalls – so Bachmann – findet er Wien schöner als Köln.
In unserer politisch aufgeheizter Zeit mit besonderen Empfindlichkeiten kamen im Vorfeld Antisemitismusvorwürfe gegenüber den Preisverleihungen an Stefan Bachmann und Sevgi Demirkaya auf, die vom Kölner Kulturrat allerdings schnell ausgeräumt werden konnten.
Neben vielen wunderbaren eingereichten Kulturvorschlägen für die Preisanwartschaft soll auf zwei besonders hingewiesen werden, die aktuellen Erinnerungsbezug zum gegenwärtigen politischen Geschehen haben. Die Performance „Mein Vater war König David“ erhielt den „Kölner Kulturpreis des Jahres 2023“ behandelt die Entdeckungsgeschichte eines Mitglieds des Ensambles „ORANGERIE Theater im Volksgarten“. In der Beschreibung heißt es: „Nach dem Tod ihres Vaters fand Pietjou in dessen Nachlass Zeugnisse über ihre jüdische Abstammung und ihre Vorfahren zur Zeit des Dritten Reichs. In einem Videointerview berichtete ihre Großmutter über den Tod von Laras Urgroßvater in Auschwitz und wie sie selbst den Holocaust in einem Versteck überlebte.“
Seit Jahren sind Mitglieder des ELDE-Hauses im NS-Dok in Köln ehrenamtlich unterwegs, um an die Bücherverbrennung der Nazis am 17. Mai 1933 zu erinnern. Auch heutzutage wird Literatur verbannt, in Russland, der Türkei, im Iran oder sogar in den USA. In ihrem Projekt „verbrannt & verbannt – Bücher und ihre Autor*innen“ konnten Claudia Wörmann-Adams, Henry Bleicher und Martin Sölle 113 Kooperationen in Buchläden, Volkshochschule, Bürgerzentren, der Synagoge, im Literaturhaus und zahlreichen weiteren Organisationen zum Mitmachen gewinnen. Insgesamt fanden 71 Vorlesungen, Diskussionen und Kundgebungen unter dem Motto „Jugend gegen rechts“ statt, um möglichst viele Kreise der Kölner Bevölkerung anzusprechen. Das Mammutprojekt „verbrannt & verbannt – Bücher und ihre Autor*innen“ war für einen Preis nominiert, musste aber gegenüber „mein Vater war König David“ zurückstecken.
Hier ein Ausschnitt aus der Preisverleihung:
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Die Preisträger und Preisträgerinnen:
„Kulturmanagerin des Jahres 2023“: Sevgi Demirkaya, Programmdirektorin des Kulturbunker Köln-Mülheim e.V.
„Ehrenpreis des Kölner Kulturrats“: Stefan Bachmann, Langjähriger Intendant des Schauspiels Köln-Mülheim
Gewinner und Gewinnerinnen des „Kulturereignis 2023“:
Mein Vater war König David, Koproduktion von ANALOG Theater, Orangerie, NS-Dokumentationszentrum
Junge Alternativen:
CircusDanceFestival