„Alles Gute, Karin!“ – Ein Leben gegen Rechts

Köln – Kurz vor Antritt unseres Urlaubs lieferten meine Frau und ich die letzte Liste und die letzten Fotos der verlegten Stolpersteine für das NS-Dok an Karin Richert ab. „Wenn was nicht in Ordnung ist, müsst ihr nochmal hinfahren“, war ihr regelmäßiger Kommentar. Wir hatten uns seit Jahren an diesen Satz gewöhnt, doch für uns war die fotografische Erfassung und das Putzen der Stolpersteine eine große Ehre. Und wir halfen ihr bei ihrer Arbeit gern. Sich selbst nannte sie passend „politische Künstlerin, die mit Fotografie arbeitet“. Nun ist unsere langjährige Freundin tot und wir sind sehr, sehr betroffen.

Wir können uns noch gut erinnern, als wir zu dritt vor 11 Jahren zum Notar zogen, um den Fotoverein R-mediabase eintragen zu lassen, aber der Schwerpunkt ihres Engagements lag in deutschlandweit beachteten Ausstellungen „Im rechten Licht“, gezeigt auch im Kölner Stadtmuseum. Oder Ausstellungen wie „Von der Hand in den Mund“, „Auf und an den Wegen“ oder „Kommunikation im öffentlichen Raum“. Wir erinnern uns noch, wie Karin 2009 deutlich verärgert war, als voreilige „Bilderstürmer“ der Stadtverwaltung Köln ohne Rücksprache zwei Bilder abhingen, die gegen Rechts gerichtet waren. Ihr künstlerisches Ziel war der Widerstand gegen rechtsextremistische Szenen und ihre bizarre Wirklichkeit, Reichsbürger, Republikaner, NPD-ler, Pegida, AFD-Mitglieder oder die Neue Rechte. Ihr Traum war eine gerechte Welt ohne Unterdrückung und Rassismus.

Regelmäßig war Karin in der Galerie Koppelmann, Kunstwerk Köln-Nippes vertreten. Immer war es ihr widerständiges Auftreten gegen rechtes Gedankengut, dass sich auch in der bundesweiten Planung und Organisation der Verlegung der Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnigs wiederfand, die seit 1996 zur Erinnerung an Opfer in der Zeit des Nationalsozialismus verlegt werden.

Nicht immer wurde Karin in ihrer durchsetzenden Art verstanden. Sie war oft bissig und hart, leider auch rücksichtslos gegen sich selbst. Aber wer sie kannte so wie wir, der spürte ihre Lebenskraft, ihre gerade politische Haltung, ihren Arbeitswillen und – ihre freundschaftliche Güte.

Als wir uns von unserem Urlaub bei ihr verabschiedeten, sagte ich noch: „Also bis bald – und bleib weiter zäh!“. Offenbar reichte diese Zähigkeit nicht aus. Wir müssen uns jetzt traurig von ihr verabschieden: „Alles Gute, Karin“.

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