Auslandswahl – Von der Bundestagswahl ausgeschlossen

Briefwahlunterlagen - Foto: Alexander Fox | PlaNet Fox auf Pixabay

Ende letzten Jahres zerstörte der ehemalige Finanzminister Christian Lindner, von manchen gescholten als Drescher längst widerlegter ökonomischer Glaubenssätze oder spätpupertärer Chicago-Boy (siehe Schuldenbremse und Vermögenssteuer 1), ziemlich hinterhältig Regierungskoalition und das Vertrauen der Regierungspartner. Damit zwang er Kanzler Olaf Scholz, die Notbremse zu ziehen und ihn zu feuern. Die Regierung war am Ende.

Aufgrund dieser Notsituation war der Bundespräsident gezwungen, für den 23. Februar 2025 Neuwahlen auszurufen. Diese Eile hatte zur Folge, dass Wahlvorbereitung und die Frist für die Stimmenabgabe noch kürzer waren als sonst, vor allem für Briefwähler.

Briefwähler in globalisierter Welt ausgeschlossen

In einer globalisierten Welt, in der sehr viele wahlberechtigte im Ausland wohnen und arbeiten, oft in Übersee, oder sich im Urlaub befinden, werden diese aufgrund längst reformbedürftiger Regelungen quasi von der Bundestagswahl ausgeschlossen. Dabei wäre es wichtig, diese Wählerinnen und Wähler nicht zu vergessen. Und schließlich könnte sich diese demokratische Errungenschaft, die einen langen politischen Kampf hinter sich hat, auch auf das Ausland auswirken, wo wir in diesen Zeiten weltweit autokratische Wendungen zu verzeichnen haben.

Schätzungen zufolge befinden sich – Medienberichten zu Folge – ungefähr drei bis vier Millionen Wahlberechtigte mit Deutschem Pass im Ausland. Es ist ein Unding, diese von einer Wahl quasi auszuschließen, weil die Fristen zu kurz gehalten sind. Es könnte beispielsweise einer Partei zur Mehrheit verschaffen oder die 5-Prozent-Hürde zu erreichen, was durch die bisherige gesetzliche Regelung ausgeschlossen ist.

Nur theoretische Wahlmöglichkeit

Ein Beispiel: Am 27. Dezember 2024 beantragte die Familie H. gesetzeskonform per Email die Wahlunterlagen an den Urlaubsort Koh Samui in Thailand. Wegen des langen Wegs war in alle Versandrichtungen Eile geboten. Daher war der Hinweis angebracht: Mit besonderer Post und „Priority-Aufkleber“ könnten die Wahlumschläge in spätestens 6 Tagen zurück im Wahlamt sein. Schließlich wäre der Familie diese außerordentlich wichtige Wahl auch 47,00 Euro Porto wert gewesen. Selbst mit der letzten Botschaftspost am 19. Februar mit Wahlunterlagen aus Bangkok wäre das noch möglich gewesen. Enormer Aufwand und Kosten für Menschen, die sich im Urlaub befinden.

Das offizielle Schreiben des Wahlamts begann mit: „Sehr geehrte Frau Bungalow“, wobei die Anrede sicher der nervösen Aufregung im Wahlamt geschuldet war. Und weiter: “Da wir die Stimmzettel selbst erst am 05.-06.02.25 erhalten, können wir die Briefwahlunterlagen frühestens an diesem Tag los schicken.“ Später kam nochmals die Bestätigung mit dem Versanddatum 7. Februar.

18. Februar 2025. Die Wahlunterlagen sind immer noch nicht eingetroffen. Jetzt ist es zu spät, wählen zu dürfen. Nicht einmal mit dem Sonderkurier über Bangkok. Wo doch die längst sehr zuverlässige thailändische Post die normale Zustellung von 6 Tagen zusichert. Expressversand 2-5 Tage. Einer rechtzeitigen Rücksendung an das Wahlamt hätte also nichts entgegen gestanden. Das die Wahlunterlagen gar nicht versandt wurden, kann man sich nicht wirklich vorstellen.

Ein in Südafrika lebender Deutscher wollte die seine Teilnahme am 23. Februar gerichtlich erzwingen und verlor gegen das Verwaltungsgericht Berlin. Zuständig – so das Gericht – sei der Wahlprüfungsausschuss des Bundestages.

Einspruch beim Wahlprüfungsausschuss

Um das Thema dennoch ein für alle Mal zu klären, muss Druck aufgebaut werden, könnten zahlreiche Beschwerden an den Wahlprüfungsausschuss gerichtet werden und Betroffene sich für eine Sammelklage vor dem Bundesverfassungsgericht zusammenschließen.

Der Einspruch ist zu stellen an:

Deutscher Bundestag
Wahlprüfungsausschuss
Platz der Republik 1


Nachtrag 22.02.2025

Am 3.2.2025 wurde testweise ein Brief mit normaler Post von Koh Samui/Thailand versandt, der Samstag, den 8.2. in Köln ankam.

Am 22.02. erreichte die Familie H. die Nachricht, dass am 7.2. aus Deutschland versandte Wahlunterlagen bei Wahlberechtigten in Bangkok eingegangen seien. Die bisherigen Regelungen der Briefwahl sind regelrecht als Wahlbehinderung zu sehen. Ausführlich hierzu die ARD am 22.02.25. Das Bundesverfassungsgericht muss dringend angerufen werden, damit dieser Zustand beendet wird. Denn zum nächsten Wahltermin wird das Problem erneut Realität werden.

Nachtrag 28.02.2025

Leider war die thailändische Post nicht so zuverlässig, wie im Internet gepriesen. Die Wahlunterlagen kamen – trotz Priority-Aufkleber – erst am 28. Februar auf Koh Samui an. Und das, obwohl alle 10 Minuten ein Flugzeug von und nach Bangkok fliegt – mit Post on board. Insgesamt ist aber gezeigt, dass dringend rechtliche Änderungen erfolgen müssen, um auch Wahlberechtigten im Ausland die Bundestagswahl zu ermöglichen.

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1) vgl. hierzu: Rudolf Hickel: Schuldenbremse oder „Goldene Regel“? – Verantwortliche Politik für die sozial-ökologische Zeitenwende, VSA-Verlag Hamburg, 2024 ISBN: 978-396488-226-4

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