Glyphosat: EU für 10 weitere Jahre Gift?

Folgen von Glyphosat, © Pablo E. Piovano, all rights reserved

Die „Coordination gegen BAYER-Gefahren“ (CBG) wies jüngst auf das Schicksal der Argentinierin Norma Portillo hin. Sie verlor auf tragische Weise die Hälfte ihrer Familie, die auf einem Feld mit hoher Pestizidbelastung lebte. Bei einer Überschwemmung seien die Zisternen mit Agrargiften wie Glyphosat verseucht worden. Der Fotograf Pablo E. Piovano liefert die dramatischen Bildnachweise zur Wirkung der Agrargifte. CBG und andere fordern seit Jahren einen sofortigen Stop der Glyphosat-Verwendung. Acht Firmen – darunter Bayer – hatten die Verlängerung der pflanzenabtötenden Pestizidpräparate mit Glyphosat in der EU für 10 Jahre gefordert. Dazu hatten sie ihre Studien eingereicht. Am 15. Oktober soll im EU-Parlament abgestimmte werden.

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Bayer-Problem Glyphosat: Es läuft nicht wie geplant

Seit langem wird Glyphosat großflächig in Asien und Afrika verwendet. Andere Pestizidpräparate wie „Thunder 145 OD“ – von der Bayer-AG in Dormagen hergestellt – kommen hinzu. Das Mittel wurde in der EU wegen seiner potenziellen Gefährlichkeit vom Markt genommen – nicht so in Afrika. Letztlich geht es dabei um den Profit, der sich damit generieren lässt. Doch seit längerem strauchelt das Giftgeschäft für den Weltkonzern. Es droht, 2023 in die Verlustzone zu laufen, Bayer muss 2,5 Mrd. Euro abschreiben. Das geplante Umsatzplus von mindestens 48,5 Mrd. Euro und der geplante Gewinn von mindestens 11,3 Mrd. wird wohl Illusion bleiben. Auch die irreführende Glyphosat-Werbung – mit Millionenstrafe belegt – hat Bayer nicht geholfen. Vielleicht übt das Unternehmen Druck auf die EU aus, um zu retten was zu retten ist. Denn seit Jahren gehen die Umsätze für das geächtete Pflanzengift zurück.

Problem-Substanz Glyphosat (Markenname Round-up)

Das Pflanzengift steht im Verdacht, Gewässer zur verunreinigen und den Lebensraum für wichtige Insekten zu zerstören, die die Nahrungsgrundlage für Vögel sind. Die Artenvielfalt ist massiv gefährdet. Das Gift ist längst in der Muttermilch oder in Lebensmitteln zu finden.

In Verbindung mit anderen Beistoffen wirkt das Gift auf Bakterien und Bodenorganismen und verändert ihr Erbgut und das Nervensystem und kann schwerwiegende Schäden bei Tieren und Menschen verursachen, so der Vorwurf. Die DW am 28. September: „In großen Mengen werden zum Beispiel bei der Sojaproduktion glyphosathaltige Pestizide gespritzt mit gesundheitlichen Folgen für die Menschen, wie zum Beispiel in Argentinien: ‚Wir können ganz klar sehen, dass die Menschen durch Glyphosat kränker werden: In bestimmten ländlichen Regionen haben sie drei Mal häufiger Krebs.'“ In manchen Erdregionen vervierfache sich die Zahl der Missbildungen. Krebsstudien legen nahe, dass das Risiko bei Lymphdrüsenkrebs (non-Hodgkin-Lymphom) um 41 Prozent gesteigert wird. Jedes Jahr würden fast 400 Millionen Landwirte und Landarbeiter durch Pestizide vergiftet, was zu etwa 11.000 Todesfällen führe, so die Wissenschaftler Boedeker, W., Watts, M., Clausing in ihrem Report „Die globale Verteilung akuter unbeabsichtigter Pestizidvergiftungen: Schätzungen auf der Grundlage einer systematischen Überprüfung“ (2020).

Der Wirkstoff Glyphosat wie auch seine Hilfsstoffe überwinden die Blut-Hirn-Schranke bei Säugetieren und Menschen. Konzentrationsabhängig werden Entzündungsmarker gesteigert. Als Folge kommt es zu Fehlfaltung von Proteinen und der Ablagerung von Synuclein. Typischerweise sind Entzündungen und Synuclein-Ablagerungen im Gehirn typisch für schwere neurologische Erkrankungen wie Parkinson und Demenzen (Winstone 2022 J. Neuroinflammation https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35897073/ ). In Frankreich wird die Parkinson-Erkrankung bei Landwirten dann als Berufskrankheit anerkannt, wenn die Person mindestens 10 Jahre lang Glyphosat verwendet hatte.

Brandbrief an die EU

15 Nichtregierungsorganisationen für Gesundheitsfragen haben am 7. September einen Brandbrief an die EU-Kommissarin für Gesundheit und Verbraucherpolitik, Stella Kyriakides, geschickt und kommen zu einem vernichtenden Urteil. Der Brandbrief schließt: „Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es entscheidende Beweise für die Karzinogenität von Glyphosat gibt, (…) die Förderung von bösartigen Lymphomen und anderen Tumoren bei Tieren zeigen sowie das Potenzial, oxidativen Stress und DNA-Läsionen zu verursachen. Diese Beweise wurden von der Bewertungsgruppe für Glyphosat, von der ECHA oder der EFSA nicht anerkannt.“ Dies ließe daher keine abschließende Beurteilung und Abstimmung im EU-Parlament zu. Auf die Toxizität weist auch das Pestizid-Netzwerk Deutschland hin. Der grüne Landwirtschaftsminister Cem Özdemir will sich der EU-Forderung für Deutschland widersetzen und hat dabei mächtige Gegner.

Es gibt Alternativen

Selbst die Bayer-AG macht Versuche mit Alternativen. Dabei wird das Glyphosat durch Essigsäure mit Zusatzstoffen erfolgversprechend ersetzt. Derlei Versuche gab es bereits in den 1940er Jahren. Der Vorteil: Die Pflanzenwurzel wird dabei nicht zerstört. Allerdings dürfte damit weniger Gewinn zu erzielen sein. Andere Alternativen gibt es längst, wie das Pestizide Action Network (PAN) mitteilt. Wegen der anstehenden EU-Abstimmung präsentierte das Netzwerk ein „Kochbuch“ für die großflächige Herbizidreduktion in der EU und schwärmt bereits von einer Post-Herbizid-Ära. Mehr dazu hier und hier!

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Zur Fotoausstellung mit den Arbeiten von Pablo E. Piovano und zum Vortrag hier:

Vernissage
Freitag, 06. Oktober 2023, 18:00 Uhr

Laufzeit Gesamtausstellung
Montag bis Freitag: 06. bis 20. Oktober 2023
von 10:00 bis 11:30 und 14:00 bis 17:00 Uhr
Samstag: 11:00 bis 14:00 Uhr

Die Fotografien können erworben werden:

Edition „Resistencia“
Mikropiezo-Pigment-Druck
auf wertigem Kunstdruckpapier ca. 40 x 30 cm
verso auf Etikett von Hand signiert
und nummeriert (Auflage 100 plus e/a)
für nur je 100

oder EuroKunstdruckpapier A4 unsigniert
nur 20 Euro

Beide Versionen bei Versand zzgl. 16 Euro
in der Galerie oder kg@CBGnetwork.org

Vortrag:

„Die Bewertungslü(g)cken der EU Pestizid-Behörden an konkreten Beispielen erläutert“
mit Dr. Peter Clausing (PAN)
Dienstag, 17. Oktober 2023, 18:00 Uhr

Ort
fiftyfifty-Galerie
Jägerstr. 15
40231 Düsseldorf

 

 

 

 

 

 

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