Köln: Beachtlicher Erfolg für Fridays For Future

Fridays For Future, Koeln

Manche Presse hatten für die Aktivisten von Fridays For Future bereits die Totenglocken geläutet. Am Freitag kamen dennoch ca. 10.000 Menschen aller Altergruppen zur Demo in Köln zusammen, um für deutlich mehr Klima- und Umweltschutz zu demonstrieren. Trotz der notwendigen Kritik darf man nicht vergessen, dass noch keine Bundesregierung wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und der klimatischen Notwendigkeiten vor solchen Herausforderungen gestanden hat. Weiter im Text nach der Galerie!

Einiges wurde von dieser Bundesregierung auf den Weg gebracht, doch das reicht offenbar noch nicht. Zudem stellt sie sich selbst ein Bein, wenn es um so einfache Lösungen wie ein Tempolimit geht, weil die FDP blockiert. In der EU war zwar ein leichter Rückgang bei den CO2-Emissionen festzustellen. Doch sie müssen deutlicher gesenkt werden. Immerhin ist sie mit 7,2 Tonnen pro Kopf und Jahr weltweit einer der größten Emittenten. Vor uns liegen nur die USA mit 14 Tonnen, Russland mit 13 Tonnen und China mit 9,7 Tonnen. Europa stößt dreimal mehr Treibhausgase aus als Indien mit 2,4 Tonnen pro Kopf. Und die Werte steigen bei uns wieder, auch durch uneinsichtige Verbraucher, die mehr Verbrennermotoren kaufen. Nicht zu vergessen die 10 Prozent Reichsten in der deutschen Bevölkerung, die fast 50 Prozent der Treibhausemissionen verursachen, aber offenbar uneinsichtig wie kleine Kinder sind. Kein Weiterkommen auch in der Beschränkung der Nutzung von Privatflugzeugen.

Fehler der Regierung gab es auch beim „Heizungsgesetz“, dass den dringenden Tausch von klimaschädlichen Heizungen ermöglichen wollte. Und wo bleibt eigentlich das versprochene Klimageld zur Entlastung der Haushalte und warum sind die Energiekosten bei uns höher als in anderen EU-Ländern?

Kritik von Sachverständigen

Die „Zeit“ beruft sich am 17. April auf den Expertenrat der Bundesregierung: “Kritik übten die Expertinnen und Experten an der erneuten Zielverfehlung in den Sektoren Verkehr und Gebäude. Sofortprogramme, wie das Klimaschutzgesetz sie vorsehe, habe die Bundesregierung – insbesondere im Verkehrsbereich – nur mit ‚erheblichen Einschränkungen‘ vorgelegt. Mit dem ‚Wissen von heute und den aktualisierten Daten aus dem Inventarbericht‘ wäre überdies ein solches Sofortprogramm auch für die Industrie notwendig gewesen.“ Bremser: die FDP.  Maximilian Arnold ist am 15. September in der FR der Überzeugung, dass Friday For Future auch die Systemfrage stellen muss, weil dem Klimawandel mit einer kapitalistischen Wirtschaft kaum zu begegnen sei.

„The Cube“ vom 15. Mai: „Ein im Jahr 2021 veröffentlichter Bericht der Vereinten Nationen kommt jedoch zu dem Schluss, dass selbst dann, wenn alle Länder der Welt ihre Ziele zur Verringerung der Treibhausgasemissionen erreichen würden, der Planet bis zum Ende des Jahrhunderts einen Temperaturanstieg von 2,7 Grad Celsius erleben würde, was zu ‚katastrophalen Veränderungen‘ führen würde, wenn die Länder ihre Wirtschaft nicht drastisch ändern.“ Der Klimawandel lässt nämlich nicht mit sich verhandeln.

Die Klimakrise rückt uns auf den Leib

In den „Blättern“ von diesem September wird die TAZ-Kollegin Simone Schlindwein zitiert. Sie lebt in Afrika: „Wer in Afrika lebt, ist jeden Tag mit Katastrophen konfrontiert.“ Der Klimawandel macht nämlich zügig Afrika unbewohnbar. Die katastrophalen Klimafolgen in Libyen und Marokko kommen zu uns und betreffen uns direkt. Wir werden daher um folgendes bei der ökologischen Transformation nicht herumkommen: Globale Gleichberechtigung, stärkere globale Institutionen, und die Verteilung des Wohlstandes sind der Schlüssel, folgert der Autor Christian Jakob in den „Blättern“. Und das betrifft nicht nur Afrika. Die Nairobi-Erklärung auf dem Klimagipfel der 54 afrikanischen Staaten ist in diesen Tagen ein historisches Dokument dazu, wie sie zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen können, obwohl sie deutlich geringere Treibhausgase ausstoßen. Ein weiteres, kaum thematisiertes Problem: Der Rückgang der Artenvielfalt durch massive Landwirtschaft und Fleischproduktion ist nicht zu unterschätzen. Wenn nicht massiv sofort umgesteuert wird, ist das menschliche Überleben gefährdet. Hier wird deutlich zu wenig gegengesteuert.

Wallstreet Journal 14.09.2023: Die Strategie von Exxon, den Klimawandel herunterzuspielen

Wissenschaftler hatten kürzlich alle verfügbaren Prognosen zur globalen Erwärmung neu ausgewertet, die von Wissenschaftlern von Exxon und ExxonMobil Corp. zwischen 1977 und 2003 aufgezeichnet wurden. Die Ergebnisse stimmten weitgehend mit den staatlichen Modellen, was die katastrophale Erderwärmung angeht, überein. Das Problem: Trotzdem widersprachen sie Jahrzehnte öffentlich den Ergebnissen der Klimawissenschaft. Es hätte massiv ihr Geschäftsmodell gestört. Mehr hier! Der Staat Kalifornien verklagt nun die größten Ölkonzerne wegen der Klimaschäden. Sie sollen für ihren Schwindel zahlen. (SZ, 17.09.2023)

„Deutschlandpakt“ geht nur durch Mitnahme der Bevölkerung

Klimapolitik geht nur sozial, weltweit und in Deutschland. Gerade hier hat die Bundesregierung ihre Hausaufgaben noch nicht erledigt. Und wir müssen zudem aufhören, uns etwas vorzumachen. Die Hassmaschinen (Heiz-Stasi, Freiheitsgequatsche usw.) der asozialen Medien und mancher Presse müssen beendet werden, um die Menschen nicht verrückt zu machen und stattdessen mitzunehmen und zu überzeugen.

DIW-Chef Michael Fratzscher in einem RND-Interview vom 15. September: „Meine Sorge ist, dass die Bundesregierung den großen Fehler macht, die soziale Akzeptanz für die notwendigen Veränderungen zu verspielen. Es werden noch immer Ängste geschürt, zum Teil von der Wirtschaft, zum Teil von Politikerinnen und Politikern und politischen Parteien, die dazu führen, dass die soziale Akzeptanz in der Bevölkerung für jegliche Veränderung immer weiter schrumpft. Wir sind dabei, große Teile der Bevölkerung zu verlieren für jegliche Veränderung.“

Eines darf nicht vergessen werden: Die dringend notwendige Transformation wird uns Wohlstand kosten. Doch der wird dramatischer sein, wenn zu wenig unternommen wird. Da ist ein „Deutschlandpakt“ mit positiven Zeichen vielleicht nicht die schlechteste Idee. Wenn er richtig angepackt und akzeptiert wird. Vielleicht gelingt uns ein starker Beitrag zur Bewältigung der enormen Herausforderungen.

Hier Ausschnitte aus Reden der Veranstaltung.

Bilder von Berthold Bronisz

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