Auf dem Obermarkt in Mühlhausen/Thüringen war am 19. April 2024 schon von weitem zu hören: „Macht euch weg, ihr Gesocks. Geht endlich mal arbeiten!“ Der politische Background des Paares über 50 war mehr als offensichtlich, nämlich sehr weit rechts. Sie meinten mit ihrer unkontrollierten Attacke Menschen an einem Stand des Marktes, die für Toleranz, Respekt und gegen Antisemitismus in einen Dialog eintreten wollten. Das Paar über 50 hatte offenbar daran kein Interesse. Ihm fehlte dieser Respekt.
Der Verein Toleranz-Tunnel e.V. möchte seit 2023 mit seinen „Toleranzräumen“ in ihrem Ausstellungscontainer bundesweit einen Beitrag „für ein friedliches Miteinander in unserer Gesellschaft leisten und langfristig für einen gesellschaftlichen Wandel einstehen.“ Das Projekt wird von zahlreichen Prominenten, Politikern, Medienschaffenden und anderen aus dem öffentlichen Raum unterstützt. Vom Wimmelbild über Bildungsmaterial und digitalem Erlebnisraum soll zur politischen Auseinandersetzung beigetragen werden. Zahlreiche Plakate mit Aussagen wichtiger Persönlichkeiten unterstützten das Bildungsanliegen.
Die Überlebende des KZ Auschwitz-Birkenau Esther Bejarano beispielsweise, die häufig mit der Microphone-Mafia auftrat und am 10. Juli 2021 verstarb, warb ihr Leben lang für Solidarität und klärte über den Faschismus auf: „Nie mehr schweigen, wenn Unrecht geschieht. Seid solidarisch! Helft einander! Achtet auf die Schwächsten! Bleibt mutig!“ Aminata Belli engagiert sich als Moderatorin gegen Rassismus und Diskriminierung und erhielt 2021 den Förderpreis des Deutschen Fernsehpreises. Der Philosoph Ernst Bloch hoffte zu Lebzeiten auf eine freie und gerechte Welt. Und ganz sicher hätte er die brutale russische Aggression gegen die Ukraine verurteilt, wie er auch schon die russische Aggression gegen den Ungarnaufstand 1956 verurteilt hatte. Und er weist auch auf die Grenzen der Freiheit hin: „Das Problem der Freiheit ist ihre Vieldeutigkeit.“ Die Grenze liegt nämlich dort, wo die Freiheit der anderen beginnt. Das könnte auch das Paar über 50 noch lernen und sich für Toleranz entscheiden.
Für das Jahr 2024 ist „Toleranzräume“ ausgebucht und die Finanzierung gesichert. In Zeiten knappen Geldes und Kürzungsorgien in der politischen Bildung ist abzuwarten, ob das Projekt weitergeht, dass so wichtig ist.
Informieren über „Toleranzräume“ kann man sich hier!